Sardegna Ovest
1. 1. Etappe, Montag 30.04.18: Olbia Aeroporto – Nuchis
Auch im Jahr 2018 ist das Meo Bici Racing Team am ersten Tag des traditionellen Frühjahrs-Giros nur mässig gut eingefahren. Den einen fehlen nach der Landung in Olbia Teile an ihrem Velo, den anderen die Erinnerung daran, wie man sich draufsetzt, oder der Winter ist sonstwie in den Gliedern hängengeblieben. Da das Flugangebot nach Sardinien Ende April, anfangs Mai noch sehr mager ist, mussten wir via Basel mit Easyjet nach Olbia reisen. Bis wir endlich startbereit sind, ist die Mittagszeit schon fast vorbei. Essen geht vor und die Gegend, durch die wir zu Beginn der ersten Etappe fahren werden, ist dünn besiedelt; wir müssen den Pranzo also in Olbia abhalten. Für René, unseren neuen Fahrer, wird das eine harter Einstieg. Er hatte noch keine Gelegenheit, das ungeordnete Gruppetto im Furgone begleiten zu müssen und jetzt geht es auf den ersten Kilometern gleich in eine Stadt. Alles kommt gut und wir können nach unserem Besuch in der Osteria Lungomare kulinarisch solid unterlegt zu unserer Nachmittagsfahrt starten.Wir fahren kurz gegen Süden, drehen dann westwärts ab und steigen in die Hügel der Gallura ein. Warm ist es, die Sonne scheint, der Frühling grünt und duftet, die Vögel zwitschern, die Kälber tollen über die Weiden und zwischen ihnen rollen die Ciclisti von Meo Bici über die fast leeren Landstrassen. So passt es, so soll es bleiben, denken und hoffen wir – im Wissen, dass alle Wetterprognosen für die kommenden Tage nur Ungutes vorhersagen. Wir erreichen unseren Etappenort deshalb nicht auf dem kürzesten Weg, sondern bauen vor Calangianus noch eine Schleife gegen Nordosten ein. Die Anstiege dort sind zwar weder lang noch sonderlich steil, die Folgen der Winterpause machen sich in den Serpentinen der SP38 aber trotzdem bemerkbar. Auch die Bar-Logistik ist noch nicht eingespielt: erst fünf Kilometer vor dem Zielort gibt es den ersten Café…
Übernachten tun wir in der Casa di Babbai, einem schönen alten Steinhaus im Hundertseelendorf Nuchis in der Nähe von Tempio Pausania. Abendessen ist im Ristorante Il Melograno. Wir lassen uns Fregola ai Frutti di Mare empfehlen. Fregola, zubereitet mit gerösteten Pastakörnern aus Hartweizengriess, wird von den Eingeborenen als ureigenste Spezialität reklamiert, andere Quellen verweisen auf eine uralte Geschichte und Verwandtschaft mit Couscous. Die Pasta-Traditionalisten von Meo Bici tun sich schwer mit der Erweiterung ihres gastronomischen Horizonts, die anderen lassen es sich schmecken.
Olbia Aeroporto - Nuchis, 72km-1300Hm
2. Etappe, Dienstag 01.05.18: Nuchis – Sassari
Alle Wetterberichte und Meteo-Apps sagten es voraus – und sie behielten recht: am Morgen regnet es Bindfäden. Kleine Rinnsale fliessen über das Pflaster der Dorfstrasse, Nebel verhüllt die Gegend, die Vorfreude auf das Pedalieren fällt gegen Null. Die Winterpause hat nicht nur die Berg- sondern auch die Wetterfestigkeit strapaziert. Ein zweites Fahrzeug lässt sich organisieren, wir verladen Velos und Gepäck und lassen uns nach Sassari chauffieren. Es regnet den ganzen Tag. Die Optimisten erkennen für den folgenden Tag zwischen den Zeilen der Wetterprognosen Chancen auf Besserung, die Pessimisten nur Sintflut. Zum Glück ist am Abend Champions League Termin, Real Madrid gegen Bayern. Es gibt nebst dem Wetter also noch andere grosse Themen, nach der 1:2-Heimpleite der Bayern sowieso. Alle Bars in Sassari sind proppenvoll, wir schaffen es, uns ein paar Plätze zu ergattern. Die (Fussball-)Welt ist in Ordnung, soll es draussen doch regnen. Übernachtung im Hotel Leonardo da Vinci.
3. Etappe, Mittwoch 02.05.18: Sassari – Alghero
Der Kater auf den Fussballabend folgt prompt. Nicht wegen den Bayern, die zum wiederholten Mal gegen Real ausgeschieden sind, und schon gar nicht wegen dem Spiel, denn das war (selbst Fussballbanausen vermochten das zu erkennen) saugut und bis zur letzten Minute spannend, sondern wegen dem Wetter und den Prognosen. Das Gruppetto von Meo Bici droht auseinanderzufallen. Die einen schreiben den ganzen Giro schon ab, suchen Flüge in die Schweiz, wollen packen. Andere verorten das Wetterübel stationär über Sardinien und bringen Ausweichoptionen nach Sizilien oder auf das Festland in die immer angespanntere Diskussion. Wie gut doch, dass wir nicht nur für mechanische, sondern auch für gruppendynamische Defekte ausgebildetes Fachpersonal unter uns haben. Alle setzen sich nach dem Frühstück in der Lobby des Hotels zusammen, reihum erzählt jeder, wieso er sich jedes Jahr wieder auf die Giros von Meo freut, wo heuer der Schuh ihn drückt, was für praktische Lösungen er sieht. Es ist schön zu hören und wieder aufleben zu lassen, wieviel wir zusammen erlebt haben, was an Boden trotz aller Verschiedenheit über die Jahre entstanden ist, wie sehr wir in unserer Freude an Männerferien, Fahrradfahren, Katz und Maus-Spielen, jahrelang sorgsam gepflegten Rivalitäten, dummem Geschwätz, gutem Essen und Gesprächen in Freundschaft harmonieren. Die Auslegeordnung zeigt, dass wir zusammenbleiben wollen. Überschlagsmässige Berechnungen ergeben, dass alle denkbaren Ausstiegsszenarien, nebst der Aussicht auf schlechte Erinnerungen, auch hohe Kosten mit sich brächten. Wir einigen uns darauf, das Beste aus der Situation zu machen, unseren Giro entlang der gebuchten Übernachtungen weiterzuführen und Tag für Tag zu schauen, was wir dem schlechten Wetter an Wohltuendem abtrotzen können. Grazie al mediatore, grazie a tutti! Es tut gut und ist schön zu sehen, dass wir in schwierigen Situationen bestehen können!Das Wetter belohnt uns für unser Engagement und der Regen legt eine Pause ein. Gegen Mittag fahren wir los. Über die nassen und glitschigen Pflasterplatten balancieren wir uns zum Stadtrand und westwärts in Richtung Küste. So erfolgreich wir uns in der Diskussion gefunden haben, so sehr hapert es noch mit dem Zusammenfahren im Gruppetto: ein Anstieg und eine unübersichtliche Abzweigung reichen und wir haben uns verloren. Nicht einmal unsere geliebten Telefonini helfen uns weiter. Wir sind in der sardischen Pampa unterwegs und der Empfang ist schwach bis inexistent. Zehn Kilometer Blindfahrt später – endlich ein paar Häuser e collegamento! – zeigt sich, dass wir so weit auseinander gar nicht unterwegs waren. Im Flecken Corte, in der Bar Sport, an der Via Fausto Coppi(!) kommt es zum Zusammenschluss und wir können die Fahrt gemeinsam fortsetzen.
Der Nieselregen hat wiedereingesetzt und es ist ohnehin höchste Zeit für den Mittagstisch. An unserem Weg, der SP69, liegt in der ziemlich dünn besiedelten Gegend das Agriturismo Piras. Gäste wurden an diesem Tag zwar keine erwartet, zu essen lässt sich aber etwas improvisieren und wir sind froh um die Pause. Trocken werden die Klamotten nicht, angenehm fühlen sie sich beim Anziehen nicht an. Ein paar von uns ziehen es vor, den Rest der Etappe im Fahrzeug zurückzulegen. Eine weise Entscheidung, denn es regnet nun stetig und die Temperatur liegt knapp über 10 Grad. Die grösser werdenden Pfützen auf dem Asphalt und die Autos, die uns vor Alghero mit Fontänen eindecken, heben die Laune nur wenig.
Aus italienischer Sicht ist auch der Abend stimmungsmässig ein Dämpfer. Im zweiten Halbfinal steht die AS Roma nach der 5:2-Niederlage im Hinspiel gegen Liverpool mit dem Rücken zur Wand. Die Tore in den letzten Minuten zum 4:2-Sieg vermögen nicht darüber hinwegzutäuschen, dass die Hoffnung auf den Finaleinzug klein war. Ganz anders die Hoffnungen von Meo Bici: wir glaubten an uns und sind weitergekommen!
Übernachtung im Hotel Villa Piras, wo die so ersehnte warme Dusche zwar nicht auf Anhieb verfügbar ist, die Heizung aber dann so ordentlich funktioniert, das wir am anderen Morgen in trockene Kleider schlüpfen können.
Sassari - Alghero, 70km-500Hm
4. Etappe, Donnerstag 03.05.18: Alghero – Santu Lussurgiu
Nach dem Dämpfer vom Vortag hätte keiner von uns trockene Prognosen abzugeben gewagt. So sind wir freudig überrascht, dass wir die vierte, bzw. dritte (die zweite war ja ein Nuller) Etappe ohne Regen und bei angenehmen Temperaturen beginnen können. Die ersten 40 Kilometer verlaufen an und über der Küste südwärts auf der SP49 in Richtung Bosa Marina. Es scheint, als würde heute die vom Meer herkommende Feuchtigkeit erst an den Bergen Sardiniens zu Wolken und Niederschlag kondensieren, wir entlang unserer Route also verschont blieben. Den Wind, der uns entgegenweht, nehmen wir gerne in Kauf, denn es erreichen uns sogar ein paar Sonnenstrahlen. Die Panoramastrasse, die während der Saison zu den meistbefahrenen Strecken in dieser Gegend gehört, ist anfangs Mai noch fast menschenleer und wir geniessen die Fahrt sehr.Für den Aufstieg nach Tresnuraghes wählen wir anstelle der neuen Transitstrasse die alte SP35, welche uns in Modolo zum Mittagstisch ins Ristorante Sardineri führt. Hier ist die Welt nun wieder schwer in Ordnung. Nach dem kulinarisch nicht überaus erhebenden Abend in Alghero ehrliche, gradlinige, originelle Küche. Saugut und günstig obendrein. Sehr empfehlenswert!
Weit wäre es zu unserem Etappenort in Santu Lussurgiu eigentlich nicht mehr – wenn da nicht der Hügel stünde, der hinter Cuglieri noch auf uns wartet. Hoch ist er nicht, gemütliche und regelmässige 5% steil, Winter- und Mittagspause ziehen das Feld aber wieder weit auseinander. Für die Abfahrt ziehen wir uns die Jacken wieder über. Nicht, weil es wieder zu regnen begonnen hätte (es blieb den ganzen Tag trocken!), sondern weil es in der Höhe nun empfindlich kühl ist.
Unser Albergo diffuso, das Hotel S'Illustradu, liegt mitten im alten, verwinkelten Dorfkern. Das Haus ist weder mit dem Auto noch den Bicis zu erreichen. Selbst unsere Fahrradschuhe müssen wir ausziehen: zu steil und rutschig sind die Steingässchen und -treppen, die zu ihm führen. Attilio, der Besitzer, lebt von seiner Werbefirma in Cagliari, ist aber in Santu Lussurgiu aufgewachsen und betreibt das wunderschön restaurierte Albergo mit viel Liebe zum Alten. Telefonisch hat er uns am Morgen angefragt, ob er für uns kochen solle. Das Angebot haben wir sehr gerne angenommen. Wir werden nicht enttäuscht.
Alghero - Santu Lussurgiu, 87km-1800Hm
5. Etappe, Freitag 04.05.18: Santu Lussurgiu – Bidderdi / Arbus
Der Vortag hat uns, trotz den kühlen Temperaturen, versöhnt mit dem Wetterpech der ersten Tage. Frohgemut und optimistisch machen wir uns auf zu unserer zweitletzten Etappe. Auf den ersten 20 Kilometern geht es nur bergab, das lassen wir uns gerne gefallen. Das Wetter ist gut, die Temperatur angenehm und wir können Arm- und Beinlinge bald abstreifen. Anfangs der Ebene von Arborea müssen wir einen kleinen Umweg fahren. Eine Strasse ist gesperrt. Wegen Wasserschäden, heisst es, sei dort kein Durchkommen. Brav nehmen wir die Umfahrung, messen dem Grund aber keine weitere Bedeutung zu.Wir umfahren Oristano und gelangen in die Tiefebene, in deren Mitte Arborea liegt. Bis Ende der 20er-Jahre war hier malariaverseuchtes Sumpfgebiet. Nach dem 1. Weltkrieg begann dessen Trockenlegung. Die italienischen Faschisten verbuchten das dabei freigelegte fruchtbare Ackerland als ihren Erfolg, Mussolinia wurde der streng geometrisch angelegte Ort in dessen Mitte getauft, nach dem Sturz des Duce 1944 flugs in Arborea umbenannt. Wenige Kilometer, bevor wir den Ort erreichen, zieht eine der dunklen Wolken über uns, die wir schon seit längerem sorgenvoll beobachteten, und lässt uns ihre nasse Fracht spüren. Nicht Nieselregen ist heute unterwegs, sondern satte Schauer und Gewitterzellen. Bis zur Locanda Il Gallo Bianco sind wir bereits gut angefeuchtet. Während des Mittagessens hoffen wir, dass der Niederschlag so schnell weiterzieht, wie er gekommen ist. Leider vergeblich, draussen regnet es ohne Unterlass – auch nach zwei Stunden Mittagspause. Wir besprechen, wie es weitergehen soll, wie wir die zweite Streckenhälfte (knapp 50 Kilometer – theoretisch, doch davon später) liegen noch vor uns. René zweimal mit dem Bus fahren lassen? Bei den kurvigen Strässchen, die nun anstehen, wäre er mindestens drei Stunden unterwegs. Es finden sich vier unerschrockene Optimisten, die auf Wetterbesserung vertrauen und sich gut verpackt auf ihre Räder setzen.
Die ersten Kilometer fühlen sich bescheiden an, dann wird es in den Regenklamotten wärmer, nicht trockener, aber angenehmer jedenfalls. Wir nähern uns dem Meer, überqueren bei Marceddi di Brücke mit dem seichten gleichnamigen Stagno dahinter, erreichen die ersten sanften Hügel der Costa Verde und – es hört auf zu regnen! Kaum eine halbe Stunde ist es her, seit wir in Arborea losgefahren sind, und wir können alle Regenkleider wieder ablegen. Auch die vier, die uns im Bus gefolgt sind, montieren ihre zerlegten Räder aus dem Fahrzeug und schwingen sich in die Sättel. In einem sanften Auf und Ab führt uns die SP4 an Porto Palma vorbei nach Portu Magu. Das Meer schlägt in grossen Wellen über den Strand, salzige Gischt liegt in der Luft, die Sonne schimmert durch den wabernden Nebel. Eine surreale Uferszenerie umfängt uns.
Kurz nach Portu Magu wechselt der Belag der SP4 von Asphalt auf Sand. Die Piste ist gut unterhalten und mit Rennrädern problemlos zu befahren. Wir erreichen die UNESCO-geschützten Dünen von Piscinas, sie gehören zu den grössten Europas. Eine knappe Stunde Fahrt hätten wir noch vor uns, mit einem Aufstieg vorbei an den verlassenen Minen von Ingurtosu. Theoretisch, denn kurz vor Piscinas fliesst der Rio Piscinas nicht als kleines Bächlein, das er normalerweise ist, sondern als reissender Bach über die Piste. Wie kommen wir da weiter, wie tief mag er sein? Sehen tut man nichts, zu trüb ist das Wasser. Kaum sind die Hosen hochgekrempelt, Schuhe und Socken zur Probebegehung ausgezogen nähert sich ein Pickup der Guardia Forestale. Zwei junge Wächter wurden offenbar losgeschickt, zu kontrollieren, was diese Ciclisti da treiben. Ihr Veto ist freundlich, aber bestimmt: "qui non si passa". Vielleicht haben sie sogar recht; das Risiko eines Vollbades in der Flutbrühe ist nicht vollumfänglich von der Hand zu weisen. Was die netten Jungs von der Guardia Forestale aber nicht wissen, ist, was sie uns mit ihrem wohlgemeinten Einspruch antun: zu unserem Übernachtungsort wären es vom anderen Ufer aus noch 10 Kilometer, mit dem nun anstehenden Umweg werden es an die 40 sein – plus ein paar Extrahöhenmeter... Die Gegend ist hügelig – gebirgig, hören die Scalatori die Passisti im Gruppetto ihr Leid beklagen – und mit dem Rennvelo befahrbare Strassen hat es nur wenige.
Wir müssen umkehren und ein paar Kilometer zurückfahren. Vor Portu Maga nehmen wir auf Anraten von Einheimischen das Strässchen, das sich in die Hügel schlägt. Ein kleines bisschen können wir so abkürzen. Das Wetter bleibt einigermassen trocken. Trotzdem hat die Stimmung im Feld einen Dämpfer erhalten. Auf diese Zugabe sind wir nur ungenügend vorbereitet. Einige sind schon so platt, dass sie die nun auftauchenden Szenerie mit Ruinen aus der Zeit des Bergbaus, die hier anfangs der 90er-Jahre zu Ende ging, kaum sehen. Bei Montevecchio fahren wir durch verlassene Minendörfer, eine Kulisse, die sich im Nu für einen Italo-Western herrichten liesse. Musik von Morricone liegt in der Luft. Auch das Städtchen Arbus, ein paar Kilometer weiter am Fuss der ausgebeuteten Hügel, hat schon bessere Zeiten gesehen. Über 10'000 Menschen lebten hier Mitte des 20. Jahrhunderts, jetzt sind es noch gut halb so viele. Für uns liegt es am Anfang des letzten sanften Aufstiegs, der uns am Schluss eines langen Tages zum Agriturismo Rocce Bianche führt.
Santu Lussurgiu - Bidderdi, 138km-1000Hm
6. Etappe, Samstag 05.05.18: Bidderdi / Arbus – Iglesias
Ursprünglich wollten wir bis Cagliari pedalieren, 140 Kilometer wären dies gewesen. Aber auch am letzten Tag bleiben Wetter und Wetterberichte sich treu: Regen muss jederzeit erwartet werden. Wir starten deshalb zur sicheren, kürzeren Variante.Der restliche Aufstieg zum Passo Bidderdi ist schnell geschafft und die lange, kurvige Abfahrt in Richtung Fluminimaggiore fahren wir auch bei trockenem, schon fast sonnigen Wetter sehr gerne. Die einen folgen nun der SS126 auf direktem Weg nach Iglesias, die anderen wählen die Panoramastrecke SP83, die entlang der Küste über die Bucht von Portixeddu und den alten Minenort Buggerru nach Iglesias führt. Die Strasse ist fast frei von Verkehr, die Saison hat noch nicht begonnen und die Fahrt entlang der Berge mit Blick über das Meer lässt sich entspannt geniessen. Beim Bahnhof von Iglesias treffen wir den anderen Teil des Gruppettos. Alle sind trocken geblieben. Im Caffè Silvestro ist Mittagstisch, bevor sich vier von uns samt Chauffeur und ihren Rädern mit dem Furgone, die Verbliebenen mit dem Schienenbus aus der Blütezeit des Bergbaus auf den Weg nach Cagliari machen.
Gebucht haben wir im Hotel Dedoni, wo die chinesische Dame am Empfang aber keine Kenntnis von unserem Kommen hat – wegen Besitzerwechsel, wie sie nachschiebt. Zudem sei das Hotel Dedoni ausgebucht. Unsere Buchungsbestätigungen überzeugen sie insofern, als sie sich nach Rücksprache mit der Hotelleitung als Teil der Problemlösung zu erkennen gibt. Sie führt uns zum Hotel Miramare, welches wir gerne als Alternative akzeptieren. Wenig erfreut ob unserer Anwesenheit, bzw. derjenigen unserer verpackten Bicis in Form von Kartonschachteln im (geräumigen) Treppenhaus, zeigt sich jedoch die Dame aus dem Appartement im obersten Stock des Palazzos. Lautstark lässt sie ihren Gatten ihren Protest deponieren. Dieser lässt – nachdem sie ihren, durch unsere Räder bedrohten Status, nachdrücklich unterstrichen hat – mit sich reden und holt (in ihrer Abwesenheit und bei einem Apéro vor dem Hotel) zu einer ausschweifenden Erklärung seiner schwierigen Lage im Speziellen, der seit Jahrhunderten von aussen kommenden Bedrohung, Belagerung und Plünderung Sardiniens im Allgemeinen aus. A dirla breve, es findet sich eine Lösung für die Schachteln und wir können uns auf unseren letzten Abend vorbereiten.
Ernesto, der Hotelmanager des Miramare (und vormalige Besitzer des Dedoni?), führt uns in der Altstadt von Cagliari in die von einem seiner Söhne geleiteten Enogastronomia Su Cumbidu zum Aperitivo (Pane Carasau, Ricotta, sardische Trockenfleisch-, Wurst- und Käsespezialitäten: sehr fein!) aus und empfiehlt uns für das Nachtessen das von einem weiteren seiner Söhne betriebene, Ristorante Terra & Mari zwei Gässchen weiter. Wir hätten doch die lange Tour fahren sollen, um all die Köstlichkeiten geniessen zu können…
Bidderdi - Iglesias, 55km-900Hm
06.05.18: Rückreise und Epilog
Für den Morgen besteht Ernesto darauf, sich persönlich um den Transport für uns und unsere Veloschachteln zum Flughafen zu kümmern. Die sardische Gastfreundschaft beschenkt uns reich am letzten Tag des Meo Giro 2018.In Zürich landen wir bei prächtigem Frühlingswetter und es vergehen ein paar ebensolche Tage. Am Donnerstagabend, bling, WhatsApp meldet Posteingang vom Capitano. Eine MP3-Datei, was mag das sein? Eine Canzone über unseren verregneten Giro 2018 mit allen Protagonisten in ihren unverkennbaren Rollen! Refrain: "Senti, come piove, senti come piove…"
Wir werden uns auch 2019 wieder auf den Weg machen.